Chancenspiegel 2017
Am 1. März 2017 stellten Bertelsmann Stiftung, die Technische Universität Dortmund und die Friedrich-Schiller-Universität Jena den "Chancenspiegel 2017" vor. Dieser erfasst die Entwicklung des deutschen Schulsystems von 2002 bis 2014 unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit. Dabei fokussiert der Bericht auf vier wesentliche Bereiche, die mit Hilfe von statistischen Daten und Schulleistungsuntersuchungen analysiert werden. Schwerpunkte sind die Integrationskraft, die Durchlässigkeit, die Förderung von Kompetenzen und die Vergabe von Zertifikaten.
Positives Fazit der Studie ist, dass es allen Bundesländern gelungen ist, seit der ersten Pisa-Studie im Jahr 2000, ihre Schulsysteme leistungsstärker und chancengerechter zu gestalten. Zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen jedoch Unterschiede. Verschiedenste Schwachstellen gilt es noch zu lösen. Dabei fällt auf, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern seit 2002 eher zu- als abnehmen. Vor allem die soziale Herkunft hat weiterhin erheblichen Einfluss auf die Chancen der Schülerinnen und Schüler.
Einen andauernden Aufwärtstrend sehen die Autoren vor allem beim Ganztagsausbau, dem gemeinsamen Lernen und Schulabschlüssen. Insbesondere der Rückgang des Anteils von Schulabgängerinnen und Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss von 9,2 Prozent im Jahr 2002 auf 5,8 Prozent in 2014 ist positiv zu werten. Der Trend spiegelt sich auch in der Hochschulreife wider. Während 2002 nur jeder Dritte die Hochschulreife erwarb, waren es 2014 schon mehr als die Hälfte aller Schüler.
Doch trotz der positiven Entwicklung dürfen die Diskussionen über Standards gerechter Schulsysteme in Bund und Ländern nicht abbrechen. So fordern auch die Autoren, dass ein öffentliches Schulsystem im Interesse der Jugendlichen und auch der Gesellschaft für vergleichbare Chancen sorgen und ein Mindestmaß an Fähigkeiten vermitteln müsse.
Chancenprofil Berlin
Integrationskraft: Berlin zählt bezogen auf die Integrationskraft zu den erfolgreichen Ländern Deutschlands. Dies gilt insbesondere für die Indikatoren zum Ausbau des schulischen Ganztags. So lag der Ganztagsschulanteil 2014/15 in Berlin bei 84,9 Prozent, während der Bundeswert nur auf 59,4 Prozent kommt. Auch die Inklusionsanteile Berlins sind im Zeitreihenverlauf deutlich höher als die jeweiligen Bundeswerte. Hier belegt die Hauptstadt durchgängig einen Platz in der oberen Ländergruppe.
Durchlässigkeit: Auch beim Übergang zwischen den Schulsystemen punktet die Hauptstadt. In Sachen Durchlässigkeit gehört Berlin im betrachteten Zeitraum ebenfalls zur oberen Gruppe der Bundesländer und verzeichnet einen vergleichsweise hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern, die nach der Grundschule auf ein Gymnasium wechseln (2002: 43,8 Prozent, 2014: 53,4 Prozent). Im mittleren Bereich der Länder befindet sich Berlin hinsichtlich des Anteils der Jugendlichen mit mindestens einem Hauptschulabschluss, die eine Berufsausbildung im Dualen System beginnen. Hier lag der Anteil der Neuzugänge im Dualen System 2014 bei 38,9 Prozent und damit leicht unter dem Bundeswert von 40,5 Prozent.
Kompetenzförderung: Im Bereich der Kompetenzförderung wird die besondere Herausforderung Berlins als Stadtstaat deutlich. Hier zählt Berlin zu den Ländern mit niedrigeren mittleren Testleistungen, beziehungsweise großen Leistungsunterschieden zwischen Schülerinnen und Schülern verschiedener Herkunftsgruppen. Dieses Schicksal teilt die Hauptstadt mit anderen Stadtstaaten wie Bremen und Hamburg.
Zertifikatsvergabe: Bei diesem Qualitätsmerkmal lässt sich für Berlin kein einheitliches Bild zeichnen: Über die Jahre betrachtet verlassen in Berlin vergleichsweise viele Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden Schulen mit der Hochschulreife (2014: 44,5 Prozent; Bundeswert 34,1 Prozent). Damit zählt die Hauptstadt hier zur oberen Gruppe. Werden jedoch die Anteile an Abgängerinnen und Abgängern allgemein sowie ausländischen Abgängerinnen und Abgängern ohne einen Hauptschulabschluss betrachtet, wird Berlin meist in der unteren Gruppe verortet. Zwar sinken die Abgängerquoten im Zeitverlauf, bleiben aber in Relation zu anderen Ländern weiterhin hoch (Abgängerquote in Berlin 2002: 11,9 Prozent; 2014: 9,2 Prozent; Bundeswert 2014: 5,8 Prozent; Ausländische Abgänger 2014: 16,9 Prozent (Berlin) und 12,9 Prozent (Bundeswert)).
Chancenprofil Brandenburg
Integrationskraft: Brandenburg zählt zum Ende der untersuchten Zeitreihe in allen Indikatoren dieses Bereichs zur mittleren Ländergruppe.
Durchlässigkeit: In Bezug auf die Durchlässigkeit des Schulsystems aber punktet das Land. Hier kann sich Brandenburg in den meisten Indikatoren und betrachteten Jahren in der oberen Ländergruppe verorten – und das trotz fallender Anteilswerte bei Neuzugängen zum Dualen System (2005: 74,9; 2014: 50,5). Denn der Bundeswert lag hier 2014 nur bei 40,5 Prozent.
Zertifikatsvergabe: Bei diesem Bewertungskriterium landet Brandenburg in der mittleren Ländergruppe. Starke Schwankungen sind insbedondere beim Anteil von Schulabgängerinnen und Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss zu verzeichnen. Hier liegt Brandenburg im untersuchten Zeitraum mal in der oberen (2002: 8,6 Prozent), dann in der mittleren, zwischendurch in der unteren (2007: 12 Prozent) und zum Ende der Zeitreihe shließlich wieder in der mittleren Ländergruppe (2014: 7,7 Prozent (Brandenburg) vs. 5,8 Prozent (Bundeswert)).
Stabil im oberen Bereich verorten, kann sich das Land in Bezug auf den vergleichsweise geringen Anteil an ausländischen Schülerinnen und Schülern ohne mindestens einen Hauptschulabschluss. In Brandenburg verlassen nur knapp 4 Prozent der ausländischen Schüler die Schule ganz ohne Abschluss, in Sachsen hingegen sind es rund 27 Prozent (Bundeswert 2014: 12,9 Prozent).
Weitere Informationen zum Chancenspiegel 2017 finden Sie unter: www.chancen-spiegel.de.