18.03.14

Die Hauptstadtregion braucht eine langfristige Wachstums- und Investitionsstrategie

UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck (l.) und UVB-Geschäftsführer Alexander Schirp (r.) | © UVB 2014 / André Wagenzik

Fehlende Qualifikation verhindert durchgreifende Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt

Berlin ist auf Wachstumskurs, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt zu. Auch die aktuelle Konjunkturumfrage der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) bestätigt, dass für 2014 mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung in Berlin von erneut überdurchschnittlichen 2 % und in Brandenburg von 1,5 % zu rechnen ist. „Doch wird dies nicht ausreichen für durchgreifende Verbesserungen auf dem Arbeitsmarkt. Einer deutlichen weiteren Abnahme der Arbeitslosigkeit steht die fehlende Qualifikation insbesondere der Langzeitarbeitslosen entgegen“, betonte Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck auf der Jahrespressekonferenz der UVB.

In Berlin gehören 44 % und in Brandenburg 40 % der Arbeitslosen zur Gruppe der Geringqualifizierten und Unqualifizierten. Von den rund 18.000 Berliner arbeitslosen Jugendlichen haben mehr als 70 Prozent keine Berufsausbildung. Christian Amsinck: „Wir wollen, dass diese Gruppe nicht noch größer wird. Wir müssen endlich den Teufelskreis durchbrechen, dass aufgrund fehlender Qualifikationen und durch Ausbildungsabbrüche jedes Jahr wieder Tausende junge Menschen in die Arbeitslosigkeit geraten. So früh wie möglich müssen die Weichen richtig gestellt werden, um die Qualität der Bildung sicherzustellen und die Voraussetzungen für den funktionierenden Übergang von der Schule in den Beruf zu schaffen.“

Die UVB schlägt als Maßnahmen vor, eine flächendeckende, systematische Berufsorientierung aufzubauen, die Jugendberufsagenturen wie geplant zügig einzuführen, die Verbundausbildung zu stärken und einen gemeinsamen Ausbildungsmarkt Berlin-Brandenburg zu schaffen. Christian Amsinck warnte in diesem Zusammenhang vor der Einführung eines Mindestlohns für unter 21-Jährige, weil damit die Ausbildungsbereitschaft gefährdet würde.

Mit Blick auf die steigende Bevölkerungszahl und die zahlreichen Zuzüge aus dem In- und Ausland betonte Amsinck: „Berlin ist eine wachsende Stadt. Darin steckt großes Potenzial, es bedeutet aber auch Handlungsbedarf. Es muss in Bildung, Straßen und Gesundheit investiert werden. Hierfür braucht Berlin eine langfristige Wachstums- und Investitionsstrategie.“

Ein wichtiger  Wachstumstreiber sind dabei Investitionen in die Infrastruktur. „Das überdurchschnittliche Passagierwachstum an den Berliner Flughäfen zeigt, dass die Entscheidung für den Hauptstadtflughafen BER richtungsweisend war und wir ihn auch als Jobmotor dringender denn je benötigen. Nur mit einem leistungsfähigen BER kann die Hauptstadtregion ihr Wachstumspotenzial ausschöpfen. Dazu gehört die Nutzung der im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Tagesrandzeiten. Außerdem brauchen wir endlich einen belastbaren Eröffnungstermin“, sagte Christian Amsinck. 

Amsinck weiter: „Die Straßen sind die Lebensadern der Stadt. Es muss zügig vorangehen mit den Bauarbeiten zur Verlängerung der A100 und den Planungen für den 17. Bauabschnitt, damit sich die Anbindungs- und Entlastungswirkungen voll entfalten können. Gleiches gilt für die  Planfeststellung der Tangentialverbindung Ost. “ Zu den nötigen Infrastrukturinvestitionen hob Amsinck auch den Erhalt der bestehenden Substanz hervor: „Man kann nicht immer nur Schlaglochprogramme machen. Berlin und Brandenburg müssen hier dringend umsteuern. Der kontinuierliche Werteverzehr muss beendet werden.“ 

„Die Strompreisentwicklung der letzten Jahre bereitet der Industrie zunehmend Schwierigkeiten“, sagte Amsinck zur Energiepolitik. Und weiter: „Beim Industriestrompreis liegt Deutschland mittlerweile rund 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt. Bei der Novellierung des Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) muss daher den Auswirkungen auf die stromintensiven und im internationalen Wettbewerb stehenden Industrien eine herausragende Bedeutung zukommen. Dies gilt für den Erhalt einer europarechtskonformen Ausnahmeregelung ebenso wie für das Eigenstromprivileg, das heißt die Befreiung von der EEG-Umlage für selbst erzeugte elektrische Energie. Ohne diese Instrumente droht ein erheblicher Verlust von Arbeitsplätzen in der Industrie“.

Zur Flächenpolitik sagte Christian Amsinck: „Attraktive Gewerbe- und Industrieflächen müssen ein starker Standortfaktor sein bei zukünftigen Ansiedlungen und Erweiterungen von Unternehmen. Das erfordert klare Zuständigkeiten und schnelle Entscheidungen im Liegenschaftsmanagement. Eine wachsende Stadt benötigt auch zusätzlichen Wohnraum. Entwicklungschancen, wie die Randbebauung am Tempelhofer Feld müssen genutzt werden.“ 

Mit Blick auf die zukünftigen Veränderungen in der Einnahmesituation der Länder betonte Amsinck, dass der eingeschlagene Konsolidierungskurs fortgesetzt werden müsse. „Dazu gehört auch, die Prioritäten richtig zu setzen. Investitionen müssen in Wachstumsmotoren fließen. Bildung und Infrastruktur sind die entscheidenden Schlüssel.“ 

Christian Amsinck weiter: „Die Rekommunalisierungsbemühungen des Senats  beim Strom- und Gasnetz gehören nicht zu den Prioritäten. Der Rekommunalisierungskurs ist vielmehr mit erheblichen unternehmerischen und finanziellen Risiken verbunden. Die häufig zitierten sicheren Gewinne sind keineswegs sicher.“ Amsinck wies darauf hin, dass die großen Verluste der GASAG als landeseigenes Unternehmen der vorrangige Grund für die Privatisierung Ende der 1990er Jahre waren. Die GASAG wurde erst unter privater Trägerschaft wirtschaftlich erfolgreich aufgestellt. Auch hat der Senat bisher nicht aufzeigen können, worin der energiepolitische Nutzen eines Rückkaufs des Gasnetzes für die Berlinerinnen und Berliner besteht.

Die anlässlich der heutigen Jahrespressekonferenz vorgestellte Frühjahrsumfrage der UVB kommt zu dem Ergebnis, dass die regionale Wirtschaft dem Jahr 2014 mit Zuversicht entgegensieht. Die meisten Branchen rechnen mit einer stabilen Auftragslage, höheren Umsätzen und einer im Jahresverlauf positiven Beschäftigungsentwicklung. Amsinck hierzu: „Es wird zunehmend deutlich, dass Brandenburg immer mehr von der guten Wirtschaftsentwicklung in Berlin und der Verflechtung mit der Hauptstadt profitiert. Immer mehr Brandenburger pendeln beruflich nach Berlin. Das entlastet den brandenburgischen Arbeitsmarkt erheblich.“

Abschließend erklärte Amsinck: „Wir freuen uns über die gute wirtschaftliche Entwicklung. Diese ist aber kein Selbstläufer. Mit einer langfristigen Wachstums- und Investitionsstrategie und den richtigen Prioritäten besteht in Berlin und Brandenburg die Chance, dass noch mehr Menschen von dem Aufschwung profitieren.“

 

Die Langfassung der UVB-Jahrespressekonferenz, die Präsentation sowie der UVB-Jahresbericht 2013 stehen hier zum Download bereit:

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sind die Stimme der Wirtschaft in der Hauptstadtregion. Wir stehen für 60 Mitgliedsverbände aus allen wichtigen Branchen, von der Autoindustrie bis zur Startup-Branche. Als Landesvereinigung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Landesvertretung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) setzen wir uns für die Belange der regionalen Wirtschaft auf Bundesebene ein. Unser ordnungspolitisches Leitbild ist die Soziale Marktwirtschaft mit einem funktionierenden Wettbewerb. Für uns sind unternehmerische Freiheit, ökonomische Leistungsfähigkeit und Verantwortung für das Gemeinwohl untrennbar miteinander verbunden.

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