
Investieren, digitalisieren, reformieren – die wichtigsten Aufgaben des neuen Berliner Senats
Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) haben einen umfangreichen Empfehlungskatalog für die Arbeit des neu gewählten Berliner Senats vorgelegt. Darin verlangen sie von der nächsten Koalition im Abgeordnetenhaus höhere Investitionen in die Infrastruktur, in die Digitalisierung und in das Bildungssystem. Außerdem müsse die Verwaltung modernisiert sowie die Zusammenarbeit mit Brandenburg deutlich intensiviert werden. „Im Mittelpunkt steht eine investitionsfreundliche Politik für Wirtschaft und Arbeit. Höhere Ausgaben in den Zukunftsfeldern sind der Motor für Wachstum und Beschäftigung. Nur damit kann Berlin die großen Aufgaben der kommenden Jahre schultern. Darum müssen sich der nächste Regierende Bürgermeister und seine Senatoren unverzüglich kümmern“, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck am Dienstag in Berlin.
Die Unternehmensverbände verwiesen auf die solide Entwicklung der vergangenen Jahre. Erst dadurch habe sich die Stadt wieder Spielräume erarbeitet, um neue Investitionen anzugehen und alte Schulden zu tilgen. Dieser Kurs müsse beibehalten werden. „Es gibt zugleich neue Herausforderungen wie die Digitalisierung, die wachsende Stadt oder die Integration der Geflüchteten“, befand Amsinck. „Hier ist entschlossenes Handeln gefragt, damit der Aufschwung anhält, weiter Jobs entstehen und Schulden abgebaut werden können.“
In dem Regierungsprogramm unter dem Titel „Wirtschaft. Wissen. Wachstum. Wo Berlin bis 2021 handeln muss“ hat die UVB drei Zeiträume für relevante Entscheidungen im Blick. In den ersten 100 Tagen nach der Vereidigung solle der Senat die Weichen in den wichtigsten Politikfeldern gestellt haben. Nach einem Jahr seien dann bereits sichtbare Ergebnisse möglich. Nach fünf Jahren, also am Ende der Legislaturperiode, könne die Hauptstadt dann ein noch modernerer und leistungsfähigerer Standort sein. Amsinck: „Wir halten es für möglich, dass Berlin weiterhin überdurchschnittlich wächst. Dann könnte sich die Arbeitslosenquote dem Bundesdurchschnitt nähern, und der Schuldenstand könnte auf weniger als 55 Milliarden Euro sinken.“ 2011 lag diese Marke noch bei 63 Milliarden Euro.
Konkret soll der Senat in den ersten 100 Tagen nach der Empfehlung der UVB eine umfassende und ressortübergreifende Strategie für die Digitalisierung auf den Weg bringen. Zudem sei die Erhöhung der Investitionsausgaben unerlässlich – für Straßen, Schienen und Brücken, aber auch für die Schulen. Parallel dazu brauche es eine Strategie, welche die Zahl der Schulabbrecher reduziere und mehr Qualität in die Bildung bringe. Als weiteren Punkt für ein Sofortprogramm nennt die UVB die Integration. Hier hat die Wirtschaft dem Senat ein gemeinsames Projekt für 2000 geflüchtete und benachteiligte Menschen angeboten, um sie in Ausbildung und Arbeit zu bringen. Auch bei der Verwaltung müsse es einen „Aufbruch“ geben, heißt es im UVB-Regierungsprogramm. Ämter und Behörden müssten moderner, digitaler und dienstleistungsorientierter werden. „Wenn sich der Senat in den ersten 100 Tagen diese wichtigen Themen vornimmt, zeigt er, dass er Wandel und Modernisierung unterstützen will“, unterstrich Amsinck.
Ein Jahr nach Amtsantritt erhofft sich die UVB nicht nur Entscheidungen bei der Digitalisierung, etwa die Einrichtung eines Smart-City-Modellbezirks. Der Senat müsse auch neue Akzente in der Industriepolitik setzen. Der Steuerungskreis Industriepolitik (SKIP) solle mehr Gewicht bekommen, zudem müsse die Digitalisierung in der Cluster-Strategie eine größere Rolle spielen. Für zusätzliche Investitionen sei zudem eine bessere Gewerbeflächen-Politik entscheidend. „Der Wettbewerb um Flächen ist voll entbrannt. Es darf in Berlin aber nicht nur um neue Wohnungen gehen, auch Industrie und Gewerbe brauchen Platz“, mahnte Amsinck. Ein Gewerbeflächen-Informationssystem solle einen Überblick über freie Grundstücke und mögliche Nutzungen bieten.
Umsetzungsreif müsse dann auch ein neues Verkehrskonzept sein, das Straße, Schiene, Wasser und Luftfahrt intelligent miteinander verknüpfe und das System insgesamt leistungsfähiger mache. Bestandteile davon sind eine Reform der Verkehrslenkung ebenso wie die detaillierte Planung für den Weiterbau der A100. Auch für den Arbeitsmarkt erhofft sich die UVB Akzente. Mit einer Qualifizierungsoffensive müssten diejenigen Arbeitslosen für eine Beschäftigung fit gemacht werden, die vom Aufschwung bislang noch nicht profitiert hätten. Zudem müssten nach dem ersten Jahr des neuen Senats alle Arbeitsmarktprogramme des Landes auf ihre Effizienz hin überprüft sein. Wenn sich die Ressorts abgestimmt um diese Themen kümmern, könne Berlin im Jahr 2021 ein noch besserer Standort sein. Die engere Zusammenarbeit von Berlin und Brandenburg bezeichnete der UVB-Hauptgeschäftsführer als ein Thema für die gesamte Legislaturperiode und darüber hinaus. „Hier treten wir auf der Stelle. Die Landesgrenze hemmt oft die Zusammenarbeit – obwohl wir eine gemeinsame Region sind und international als eine solche wahrgenommen werden.“ Ein Impuls könne die Zusammenlegung der beiden Wirtschaftsförder-Gesellschaften sein. „Wir können uns noch viele weitere Maßnahmen vorstellen.“
Investieren, digitalisieren, reformieren – die wichtigsten Aufgaben des neuen Berliner Senats