Wirtschaft sieht Wende auf Ausbildungsmarkt in der Region
Der Ausbildungsmarkt in Berlin und Brandenburg ist nach der Pandemie auf einem klaren Erholungskurs. Bis zum Mai hätten die Unternehmen 26.400 Ausbildungsplätze an die Bundesagentur für Arbeit gemeldet, rund zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr. 16.300 dieser Stellen seien derzeit noch unbesetzt, 20 Prozent mehr als vor einem Jahr um diese Zeit, erklärten die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB).
„Die Corona-Delle liegt hinter uns. Viele Unternehmen suchen händeringend Nachwuchs. Schon heute hat der Fachkräftemangel in vielen Branchen drastische Züge angenommen“, warnte Alexander Schirp, der stellvertretende UVB-Hauptgeschäftsführer, am Mittwoch in Berlin. „Wer noch keine Lehrstelle hat, sollte sich unbedingt noch vor den Ferien darum kümmern – die Chancen auf einen Ausbildungsvertrag mit guter Perspektive und ordentlicher Vergütung sind groß.“
Schirp erinnerte, dass die Unternehmen auf einen immer drastischeren Fachkräftemangel zusteuerten. Viele erfahrene Menschen gingen in den kommenden Jahren in Rente, zugleich rückten zu wenig Junge auf den Arbeitsmarkt nach. „Wenn wir nicht mit aller Kraft gegensteuern, fehlen uns 2030 in der Hauptstadtregion rund 370.000 Fachkräfte. Das ist eine ernste Gefahr für unser Sozialprodukt“, gab er zu bedenken. „Schon heute erleben wir in vielen Branchen einen Vorgeschmack auf ein solches Szenario.“
Um mehr junge Menschen für eine duale Ausbildung zu gewinnen, müssten Schülerinnen und Schüler besser Bescheid wissen über das Berufsleben und die Anforderungen in den verschiedenen Branchen. Die Unternehmensverbände haben dazu eine neue Broschüre erstellt, die einen breiten Überblick über Ausbildungs- und Fördermöglichkeiten, Praktika, Berufsvorbereitung, nötige Qualifikationen und Aufstiegschancen bietet. „Vom Traum zum Beruf“ lautet der Titel, in dem alle 60 UVB-Mitgliedsverbände mit ihren Branchen vertreten sind. „Mit diesem Angebot geben wir vor allem Lehrkräften und Eltern einen guten Überblick. Sie sind die wichtigsten Ansprechpartner der jungen Menschen in der Berufswahl.“
Schulqualität: Endlich Reformen auf den Weg bringen!
Die Wirtschaft appellierte an die Politik, bei der Berufsorientierung und der Schulqualität endlich Reformen auf den Weg zu bringen. Je eher das Arbeitsleben und die verschiedenen Karrierewege im Unterricht ein Thema seien, desto besser, befand Vize-Hauptgeschäftsführer Schirp. „Der wachsende Mangel an Lehrerinnen und Lehrern darf nicht dazu führen, dass diese wichtigen Themen unter den Tisch fallen. Wir erwarten von der Politik, dass sie das Problem rasch mit wirksamen Maßnahmen angeht und es nicht weiter verschleppt.“
"Ausbildungsplatzabgabe verbessert die Lage um keinen Millimeter"
Die Unternehmensverbände warnten die Politik in Berlin erneut vor der Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe. „Damit wird die Situation um keinen Millimeter besser. Bei den Unternehmen Geld einzusammeln, um damit den Reparaturbetrieb im Übergangssystem zu finanzieren, zeugt von falscher Prioritätensetzung. Entscheidend ist jetzt, bei der Qualität der Schulen und des Unterrichts voranzukommen.“