02.10.19Berlin

Die Einheit kommt voran

30 Jahre nach dem Fall der Mauer holt Ostdeutschland weiter auf. Berlin ist ein Motor der Entwicklung.

Der Satz war holprig. „Das tritt …, nach meiner Kenntnis ist das sofort, unverzüglich“, sagte SED-Politbüromitglied Günter Schabowski bei einer denkwürdigen Pressekonferenz am 9. November 1989. Damit löste er den Fall der Berliner Mauer aus. 30 Jahre später hat Ostdeutschland gegenüber dem Westen in wirtschaftlicher Hinsicht ein großes Stück aufgeholt.

Arbeitsmarkt

Die Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft war hart. Auf fast 19 Prozent stieg die Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern und Berlin. Doch das ist lange her: Mittlerweile nähert sich die Quote im Osten immer mehr der im Westen an. In Brandenburg liegt sie bei nur noch 5,5 Prozent, nur wenig über dem bundesweiten Schnitt. Vielerorts fehlen Fachkräfte.

Natürlich spielt hier eine Rolle, dass viele Menschen nach der Wende Ostdeutschland verlassen haben. Allerdings ist nicht nur die Arbeitslosenquote deutlich gesunken, auch die Zahl der Erwerbstätigen hat sich in den ostdeutschen Flächenländern um 4,5 Prozent erhöht, in Berlin sogar um unglaubliche 24 Prozent. In absoluten Zahlen ist die Erwerbstätigkeit zwischen 2005 und 2018 um 794.000 Personen gestiegen.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

Arbeitslosenquote
Die Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern ist um zwei Drittel gesunken.

Wohlstand

Mehr Wohlstand – das war eine der großen Hoffnungen der Menschen in Ostdeutschland, als die Mauer fiel. 1991 lag das verfügbare Haushaltseinkommen je Einwohner noch bei 61 Prozent des Niveaus in Westdeutschland. Heute sind es immerhin schon 85 Prozent. Allerdings sind auch die Lebenshaltungskosten geringer als zwischen München und Hamburg - die Bürger können sich mehr leisten.

Quelle: Bundesregierung

Ostdeutschland liegt beim verfügbaren Einkommen noch um gut 220 Euro pro Monat unter dem bundesdeutschen Durchschnitt.

Infrastruktur

Eine Bahnfahrt von Hamburg nach Berlin dauerte 1990 noch vier Stunden und drei Minuten. Heute sind es eine Stunde und 45 Minuten. Unmittelbar nach der Einheit investierte die Bundesrepublik massiv in den Ausbau der Infrastruktur. Allein mit dem Programm „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ hat die Regierung zwischen 1991 bis Ende 2017 fast 37 Milliarden Euro in Straßen, Schienen und Wasserstraßen investiert.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Unternehmen

Noch gibt es eine Lücke zwischen West und Ost. Die Wirtschaftsleistung eines Erwerbstätigen im Osten ist auf 83 Prozent des West-Niveaus geklettert. Seit 1991 hat sie sich auf 64.754 Euro mehr als verdreifacht. Allerdings kommt die Angleichung nur langsam voran. Als Gründe nennen Ökonomen das Fehlen von großen Konzernzentralen, zu wenig Export und Forschung sowie die ländliche Struktur in den neuen Ländern.

Quelle: Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Länder

Produktivität

Die Wirtschaftskraft im Osten lag 1990 bei 43 Prozent des westdeutschen Niveaus, 2018 waren es schon 75 Prozent. Das liegt im Wesentlichen daran, dass die Firmen im Westen produktiver sind als die Konkurrenz im Osten – nicht erst seit der Wende. Allerdings: Seit 2012 nimmt die Produktivität in den neuen Ländern – ohne Berlin – prozentual gesehen stärker zu als in Westdeutschland.

Quelle: Bundesregierung

Seit 2012 wächst die Produktivität im Osten stärker als im Westen.

Bevölkerung

In den ersten Jahren nach der Wende haben viele tausend Menschen die neuen Bundesländer verlassen, weil sie im Westen eine bessere Perspektive für sich sahen. Doch dieser Trend hat sich seit 2013 gedreht. 2017 zogen 14.400 mehr Menschen vom Westen in den Osten als umgekehrt. Vor allem die Städte wuchsen. Trotzdem hat die lange Abwanderung dazu geführt, dass die demografischen Probleme im Osten viel ausgeprägter sind als im Westen.

Quelle: IW

Seit 2013 ziehen mehr Menschen von West nach Ost als umgekehrt.

Berlin

Mit dem Fall der Mauer begann der Aufstieg Berlins – von der grauen, geteilten Stadt zu einer schillernden, weltoffenen Metropole in der Mitte des zusammenwachsenden Europas. 32,9 Millionen Gästeübernachtungen verbuchte die meistbesuchte Stadt Deutschlands im Jahr 2018 (1993: 7,3 Millionen). Mit etwa 140.000 Events und 11,7 Millionen Teilnehmern pro Jahr ist sie die größte deutsche Messe- und Kongressstadt. Als einer der größten Wissenschaftsstandorte Europas hat die Hauptstadt außerdem die bundesweit höchste Forscher- und Akademikerdichte. Auch wirtschaftlich holt Berlin auf: 2018 stieg das Bruttoinlandsprodukt dort um 3,1 Prozent (in ganz Deutschland: + 1,5 Prozent).

Berlin ist Deutschlands Gründer-Hauptstadt. 30 Prozent aller deutschen Startups haben ihren Sitz an der Spree. Dorthin fließt so viel Risikokapital wie für den Rest des Landes zusammengenommen. Das Magazin „Wirtschaft + Markt“ hat die 150 innovativsten Firmen als Leuchttürme in Ostdeutschland zusammengestellt. 42 davon sind in Berlin oder Brandenburg ansässig.

Quellen: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, BerlinOnline Stadtportal, Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Statistisches Bundesamt