Den Gastbeitrag von Christian Amsinck finden Sie hier.
UVB-Chef Christian Amsinck fordert: „Miteinander statt Klimapolitik im Basta-Stil“
Jeder weiß es: Die Zeit drängt. Das Klima in Berlin und Brandenburg wird heißer und trockener. Die Erderwärmung verändert die Umwelt und sorgt für erhebliche Schäden, auch in der Wirtschaft. Den Klimawandel zu bremsen ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit.
Trotzdem ist es nicht der richtige Weg, den Ausstoß von Kohlendioxid ab 2030 per Gesetz zu verbieten, wie es der Volksentscheid „Berlin 2030 klimaneutral“ will. Das Ziel 2030 ist eine Illusion, aber keine Strategie. Wie man es dreht und wendet: Klimaneutralität binnen sechseinhalb Jahren ist nicht möglich. Dafür gibt es technische, politische und finanzielle Gründe.
Technisch gesehen müssten wir binnen weniger Jahre den Einsatz von Öl, Kohle und Gas einstellen. Stand heute liefern fossile Energieträger 90 Prozent der Berliner Primärenergie. Binnen kurzer Zeit dürften Häuser und Wohnungen nur noch mit Wärmepumpen oder mit Fernwärme auf der Basis von Biogas und Wasserstoff beheizt werden. Strom müsste zu hundert Prozent aus Wind und Sonne gemacht werden. Das Tempo beim Ladesäulen-Ausbau für Elektroautos müsste verfünffacht werden.
Politisch ist das 2030er-Vorhaben ebenso problematisch. Auf die Gesetze und Grenzwerte, die ein so radikaler Schnitt erfordert, hat Berlin keinen Einfluss. Hier sind der Bund und die EU verantwortlich. Dort ist Klimaneutralität erst 2045 und 2050 vorgesehen. Die Hauptstadt müsste den Weg zur Klimaneutralität 2030 alleine gehen.
Deshalb ist das Ziel 2030 auch aus finanzieller Sicht unerreichbar. Förderprogramme für den radikalen Politikschwenk sind nicht in Sicht. Allein die energetische Sanierung aller Berliner Wohnungen würde, konservativ geschätzt, 13 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Also ein Drittel des Landeshaushalts. Da die Neuverschuldung gesetzlich begrenzt ist, müssten andere Aufgaben und Leistungen auf den Prüfstand.
Aber wäre es nicht ein wichtiges Signal, sich ehrgeizige Ziele zu setzen – selbst wenn man sie nicht erreicht? Ich erinnere daran: Bei der Volksabstimmung geht es um ein konkretes Gesetz, nicht um einen unverbindlichen Appell. In unserem Rechtsstaat sind Gesetze einzuhalten, sonst drohen Sanktionen. In dieser Konsequenz müsste Berlin 2030 Verbrenner aus der Stadt verbannen, fossile Heizungen verbieten, statt in Schulen, Feuerwachen oder Infrastruktur nur noch in die CO2-Vermeidung investieren.
Wir müssen als Gesellschaft gemeinsam vorangehen. Ade Klimaschutz also? Keinesfalls. Berlins Wirtschaft ist längst auf dem Weg zu Nachhaltigkeit und Klimaneutralität. Hier entstehen CO2-neutrale Heizungen, emissionsfreie Motorräder, Elektrolyseure für die Wasserstoff-Produktion und vieles mehr. Und damit neue Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze.
Mit klugen Strategien kann die Politik die Firmen bei der weiteren Transformation unterstützen. Etwa über den bis zu zehn Milliarden Euro starken Klimafonds, den CDU und SPD planen. Damit ließe sich die Energieversorgung der Betriebe auf Wind- und Sonnenenergie umstellen, die ressourcenschonende digitale Industrieproduktion in der Stadt fördern und vieles mehr.
Das wäre Klimaschutz im Konsens statt Klimapolitik im Basta-Stil. In einer so wichtigen Frage müssen wir als Gesellschaft gemeinsam vorangehen. Die Dekarbonisierung zu einem Gewinner- Thema zu machen, ist der einzig richtige Weg.