Ausbildung: Drastischer Bewerbermangel in Berliner Unternehmen
Den Unternehmen in Berlin mangelt es deutlicher als bislang angenommen an qualifiziertem Nachwuchs für die duale Ausbildung. Die Betriebe fänden für 29 von 100 angebotenen Ausbildungsplätzen keine passenden Bewerber, erklärten die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Der Arbeitgeber-Spitzenverband verweist dabei auf eine neue Studie des unabhängigen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Bislang gingen Wirtschaft und Politik davon aus, dass sich lediglich für rund 10 von 100 angebotenen Plätzen keine geeigneten Kandidaten finden.
„Diese neuen Zahlen zeigen, dass viele die Debatte um die Ausbildung mit einer falschen Schlagseite führen“, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. „Das Kernproblem in der Hauptstadt sind nicht fehlende Ausbildungsplätze. Es mangelt vielmehr an jungen Menschen, die die nötigen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Ausbildung mitbringen.“
Fast jede dritte Firma findet nicht genügend Nachwuchs
Der Arbeitgeber-Spitzenverband beruft sich auf eine kürzlich erschienene Studie des IAB. Sie geht zurück auf repräsentative Befragungen von Firmen zu ihrem Ausbildungsangebot. 2022 konnten demnach bundesweit 35 Prozent der betrieblichen Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Für Berliner Betriebe liegt die Quote dem Institut zufolge bei 29 Prozent.
Statistik zeichnet unvollständiges Bild
Die Statistik der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit weist dagegen viel geringere Zahlen aus. Demnach sind im Vergleichsjahr nur 10 Prozent der von den Betrieben gemeldeten Stellen unbesetzt geblieben. „Dieser Wert bildet nicht den gesamten Ausbildungsmarkt ab“, erklärte UVB-Hauptgeschäftsführer Schirp. „Denn viele Firmen haben die Erfahrung gemacht, dass sie mithilfe der Arbeitsagenturen kein Personal finden. Deshalb melden sie ihre freien Ausbildungsplätze gar nicht erst an. Hinzu kommt, dass die Statistik wichtige Bereiche des Ausbildungsmarktes außen vorlässt, etwa vollschulische Ausbildungen im Erziehungsbereich oder im Gesundheitssektor.“
19.500 statt 15.000 Ausbildungsplätze in der Hauptstadt
Die neuen IAB-Zahlen wertet die UVB als Beleg dafür, dass der Ausbildungsmarkt in der Hauptstadt deutlich größer ist als bislang angegeben. Statt rund 15.000 Stellen wie von der Regionaldirektion erfasst liegt das tatsächliche Angebot nach UVB-Berechnungen bei 19.500 betrieblichen Plätzen. „Das zeigt klar: Wir Arbeitgeber wollen ausbilden, finden aber oft nicht die passenden Auszubildenden“, bilanzierte Hauptgeschäftsführer Schirp. Manche Mittelständler bekämen nicht eine einzige Bewerbung auf eine Ausschreibung. „Wir können auf keinen engagierten und talentierten jungen Menschen verzichten. Deshalb muss sich der Fokus auf eine bessere Bildung und eine intensivere Berufsorientierung richten, vor allem in den Schulen. Das ist der Schlüssel beim Kampf gegen den Fachkräftemangel.“
Die Unternehmensverbände kümmern sich intensiv um diese Aufgabe – jetzt auch mit einer neuen Broschüre. Sie trägt den Titel „Vom Traum zum Beruf“ und zeigt Ausbildungsberufe, Branchen und Angebote zur Berufsorientierung in der Hauptstadtregion. Sie richtet sich an Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern. „Wir arbeiten auf vielen Ebenen intensiv daran, Betriebe und potenziellen Nachwuchs zusammenzubringen“, sagte Schirp. „Daran hängt die Zukunft der Berliner Wirtschaft.“