02.11.23Berlin

Ausbildung: Das Angebot steigt

Die Unternehmen stärken die betriebliche Ausbildung - doch erneut bleiben hunderte Stellen unbesetzt

Die Situation im Berufsberatungsjahr 2022/2023 war herausfordernd und entwickelte sich tendenziell positiv. Seit Ausbruch der Pandemie vor drei Jahren haben die Unternehmen den Arbeitgeber-Services mehr betriebliche Ausbildungsstellen gemeldet, wenngleich das Vor-Corona-Niveau noch nicht erreicht ist. Berlinweit ist ebenfalls ein leichter Zuwachs an Ausbildungsuchenden zu verzeichnen. Gleichzeitig stieg die Zahl der unversorgten Jugendlichen an.

Gut 800 betriebliche Plätze mehr

Von Anfang Oktober 2022 bis Ende September 2023 meldeten sich in Berlin insgesamt 21.176 junge Menschen bei der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit, um bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz Unterstützung zu erhalten. Das waren 274 mehr als im letzten Jahr. Die Zahl der beim Arbeitgeber-Service der Arbeitsagenturen gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen erhöhte sich um 5,4 Prozent auf 15.832. Ende September waren 3.707 Bewerberinnen und Bewerber unversorgt, 572 mehr als vor einem Jahr. Die Betriebe konnten bis Ende September 1.328 Berufsausbildungsstellen nicht besetzen. Das waren 174 weniger als im Vorjahr.

Alle Akteure im Ausbildungsmarkt machen sich gemeinsam stark, um möglichst viele Bewerberinnen und Bewerber mit Ausbildungsbetrieben zusammenzubringen.

Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg: „Die duale Ausbildung ist der beste Weg, um die Fachkräfte von morgen heranzuziehen. Leider sind auch in diesem Jahr wieder tausende Plätze frei geblieben. Viele Firmen haben auf ihre ausgeschriebenen Stellen nicht eine einzige Bewerbung bekommen. Es ist Zeit, dagegen etwas zu tun: Die Berufsorientierung in den Schulen muss intensiver und früher zum Thema werden und die Schulqualität muss steigen. Hier geht es um einen Langstreckenlauf. Zudem brauchen wir im Übergangsbereich zwischen Schule und Beruf mehr Effizienz. Heute herrscht hier ein Wildwuchs aus Maßnahmen, deren Wirkung oft völlig unklar ist. Wir brauchen einen klaren Fokus auf den Einstieg in eine Ausbildung. Dazu muss das geplante elfte Pflichtschuljahr genutzt werden. So kann die Politik viel mehr erreichen als mit einer umständlichen und bürokratischen Ausbildungsplatz-Abgabe, die an den tatsächlichen Problemen klar vorbeigeht.“

Cansel Kiziltepe: Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung: „Zwar wurden vergangenes Jahr mehr als 300 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als im Jahr zuvor, dennoch liegen wir immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie. Das heißt: Die Ausbildungsquote in Berlin liegt weiterhin deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Die Situation auf dem Berliner Ausbildungsstellenmarkt ist prekär. Es werden noch immer zu wenig Ausbildungsplätze gemeldet, um allen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot machen zu können. Das bereitet uns seit Jahren erhebliche Sorgen.  Deswegen ist es ein wichtiger Schritt, dass wir am 30. August 2023 gemeinsam mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg das Bündnis für Ausbildung geschlossen haben. Gemeinsames Ziel der Bündnispartner ist, in zwei Jahren 2.000 Auszubildende im dualen System mehr unter Vertrag zu haben als heute.“
 

Gemeinsame Bilanz der Fortschritte auf dem Berliner Ausbildungsmarkt (von links): Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin, Cansel Kiziltepe, Arbeitssenatorin Nele Techen, Vizechefin des DGB Berlin-Brandenburg, Dr. Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, und Dr. Martin Altemeyer-Bartscher, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik der Handwerkskammer Berlin.

Dr. Ramona Schröder, Vorsitzende der Geschäftsführung der  Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit: „Wir haben in Berlin weiterhin ein Ungleichgewicht am Ausbildungsmarkt. Für einen Ausgleich ist es wichtig, dass den Jugendlichen mehr Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Zudem stellen wir fest, dass die gewünschten Berufe und die angebotenen Ausbildungsstellen häufig nicht zusammenpassen. Das ist unter anderem auch ein Grund, warum wir zum Abschluss des Ausbildungsjahres noch viele junge Menschen unversorgt sehen.“

Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg: „Berufsausbildung ist der Start in ein selbstbestimmtes Leben. Doch Jahr für Jahr gehen viele junge Leute auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz leer aus. Zu viele Berliner Betriebe bilden nicht aus und setzen darauf, dass die Hauptstadt Fachkräfte anzieht, die andernorts ausgebildet wurden. Sie beschneiden damit die Zukunftsperspektiven der jungen Berlinerinnen und Berliner. Das ist fahrlässig – wirtschaftlich und gesellschaftlich. Das duale System muss wieder einen höheren Stellenwert bekommen, wenn es um die Entwicklung von Nachwuchsfachkräften für die Wirtschaft geht. Dafür setzt sich der DGB im Bündnis für Ausbildung ein. Damit das Bündnis ein Erfolg wird, müssen dauerhaft mehr Ausbildungsangebote geschaffen werden, so dass die Bewerberinnen und Bewerber eine Wahl haben und Angebot und Nachfrage zusammenkommen.“

Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin: „Die Berliner Wirtschaft hat trotz konjunktureller Turbulenzen mehr Ausbildungsstellen gemeldet und damit den Aufwärtstrend nach dem pandemie-bedingten Tief von 2020 fortgesetzt. Aber die Unternehmen konnten erneut viele ihrer freien Plätze nicht besetzen und die freien Ausbildungsplätze in Pflege, Erziehung sowie im öffentlichen Dienst sind in dieser Statistik noch gar nicht mitgezählt. Um dieses Besetzungsproblem zu lösen, ist und bleibt die geplante Ausbildungsumlage das falsche Instrument. Vielmehr müssen alle Partner in der Ausbildung gemeinsam Angebote schaffen - von der Attraktivitätssteigerung der dualen Ausbildung, über ein funktionierendes Übergangssystem bis zur verbindlichen Vermittlung – um mehr Jugendliche in Ausbildung zu bringen.“

Dr. Martin Altemeyer-Bartscher, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik der Handwerkskammer Berlin: „Viele Handwerkerinnen und Handwerker sind im Klimaschutz aktiv: Erneuerbare Energien, Wärmedämmung,Smart Home und energieeffiziente Sanierungen sind nur einige wichtige Aufgabenfelder, die im Handwerk eine zunehmende Rolle spielen. Die Zukunftschancen der Klimaberufe sind zuletzt immer stärker in den medialen Fokus gerückt – mit Auswirkungen auf die Berufsorientierung junger Menschen. Insbesondere in den Bereichen Sanitär, Heizung und Klima sowie Elektronik ist das Interesse an einer beruflichen Ausbildung groß.“

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sind die Stimme der Wirtschaft in der Hauptstadtregion. Wir stehen für 60 Mitgliedsverbände aus allen wichtigen Branchen, von der Autoindustrie bis zur Startup-Branche. Als Landesvereinigung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Landesvertretung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) setzen wir uns für die Belange der regionalen Wirtschaft auf Bundesebene ein. Unser ordnungspolitisches Leitbild ist die Soziale Marktwirtschaft mit einem funktionierenden Wettbewerb. Für uns sind unternehmerische Freiheit, ökonomische Leistungsfähigkeit und Verantwortung für das Gemeinwohl untrennbar miteinander verbunden.

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